Geothermie Landau

Diskussion in der SWR2 10.06.14

Stichwortliste:

  • Minister mit mangelhaftem Demokratieverständnis
  • Verwirrspiel bei der Argumentation
  • Altbekannte Argumente der Geothermie-Lobby
  • Keine kritische Reflektion durch die Politik
  • Politischer Wille als Maßstab
  • Einseitige Berichterstattung durch die Medien
  • Minister wird bei kritischen Fragen aus der Schusslinie genommen
  • Zurückhaltung beim Fachmann Prof. Dr. Schilling
  • Sachliche Argumentation durch den Vertreter der BI
  • Fracking eingeräumt und sofort kleingeredet
  • Ignoranz bei Radon und Grundwasser
  • Viele Fragen offen

Warum fühlt man sich nach dem Anhören der Diskussion im SWR, an dem der Vorsitzende der „Bürgerinitiative Geothermie Landau/Südpfalz“, Hr. Werner Müller, der amtierende baden-württembergische Umweltminister, Franz Untersteller (Grüne) und der wissenschaftliche Mitarbeiter am KIT in Karlsruhe, Hr. Prof. Dr. Schilling, teilnahmen, automatisch an den Spruch von den 10Mio. Fliegen erinnert, die nicht irren können, folgt man den Ausführungen des Ministers Untersteller? Der Spruch ist hinreichend bekannt um nicht weiter ausgeführt werden zu müssen, was allerdings auch bekannt ist, ist der politische Wille, eine Fehlentwicklung der Energiewende schönzureden und diesen Willen mit aller Gewalt in die Tat umzusetzen.

„Ich brauche ein funktionierendes Projekt, um der Bevölkerung zu zeigen, dass bei der Tiefen-Geothermie so gut wie kein Risiko besteht, wenn die Randbedingungen klar definiert und die Vorgaben erfüllt werden".(Zitat Ende) so der Grüne Minister Untersteller.

Ein Satz wie in Stein gemeißelt, der das Demokratieverständnis des Politikers Untersteller in ein zweifelhaftes Licht rückt. Untersteller sei ins Stammbuch geschrieben, das nicht sein Wille zählt, sondern der des Souveräns und das ist auch in einer parlamentarischen Demokratie immer noch das Volk. Ob

Hr. Untersteller wirklich in der Lage ist die Risiken einzuschätzen, denen er die Bevölkerung in der Nachbarschaft einer Anlage über die es keinerlei Erfahrungswerte gibt, selbstherrlich aussetzen will, darf zumindest bezweifelt werden, denn seine Argumentation greift zielsicher alle Plattheiten an Argumenten pro Geothermie auf, die von der Lobby der Betreiber seit Jahren vertreten und flächendeckend gestreut werden, ohne diese kritisch zu reflektieren. Da spielt er, wie das übrigens bei fast allen Diskussionen der Fall ist, gezielt mit der Komplexität des Themas um den interessierten Laien zu verwirren und führt Argument aus dem Bereich Oberflächennahe Geothermie ins Feld, die mit den Problemen der thematisierten Tiefen-Geothermie in keiner Weise vergleichbar sind, um diese für seine Argumentationslinie zu nutzen. Zusammenfassend könnte man sagen, alles wie immer, die Kritiker sind die „ewig Gestrigen“, die man zu ihrem Glück zwingen muss, wäre da nicht der kontrapunktische Widerpart in Form des Vorsitzenden der Landauer BI gewesen, der sowohl den Politiker Untersteller als auch dem Fachmann Prof. Dr. Schilling, mehrfach durch das Einbringen von Erfahrungen aus dem Landauer Alltag ins Schleudern brachte, was Hr. Untersteller zu tiefen Seufzern und Dr. Schilling zu, wenn auch zaghaft formulierten, Bestätigungen des von Müller gesagten veranlasste.

Interessant war in diesen Momenten, die Art und Weise wie der Moderator der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalt SWR, Gábor Paál, den Vertreter der Landesregierung aus der Schusslinie nahm und kommentarlos das Thema wechselte.

Nach der Aussage von Hr. Müller wurden auch ganze Passagen, zum Beispiel zum Thema Förderung von Forschungsprojekten an Universitäten und die im persönlichen Gespräch dargelegten Bewertungen von Geologen über die Tiefe Geothermie, nicht gesendet. Die direkte Antwort durch ihn an Hr. Untersteller musste regelrecht erkämpft werden. Sieht so die Berichterstattung der öffentlich rechtlichen Medien aus? Überhaupt wurde wieder einmal am gewählten Thema zielsicher vorbeidiskutiert, denn die Frage

„Hat die Geothermie eine Zukunft?“ beinhaltet zwangsläufig die Möglichkeit eines „Nein“.

Die Diskussionsführung durch Paál lies dieser Möglichkeit keinen Raum, ging es doch schon in der Anmoderation darum, wie kann man, auch vor dem Hintergrund von nicht weg zu leugnenden Problemen in Landau und anderen Standorten, die Implementierung der Geothermie im Oberrheingraben weiter betreiben. Minister Untersteller nutzte diese Gelegenheit um in epischer Breite über den angeblich sorgfältigen Umgang mit der Problematik zu schwadronieren und bemühte dabei mehrmals das Beispiel Brühl, ein Projekt das bisher noch nicht umgesetzt ist und das hoffentlich auch nicht umgesetzt werden wird.

Man war geneigt zwischen Rührung und Ärger zu schwanken, als Prof. Dr. Schilling die Wohltaten der Geothermie am Beispiel des Thermalbads Baden-Baden erläuterte und Minister Untersteller seine Jugenderfahrungen mit dem saarländischen Bergbau zum Besten gab. Sowohl im Ruhrgebiet, als auch im Saarland droht die Situation in den nächsten Jahrzehnten zu eskalieren, werden doch die aufgelassenen Schächte, auch aus Kostengründen, nicht mehr ausreichend gesichert und die Schadensregulierung durch die RAG läuft auch schon seit Jahren nicht mehr so problemlos, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Hier Geothermie - dort Bergbau, die Probleme bei der Schadensregulierung sind immer gleich, denn die Gutachter sind entweder Angestellte der Betreiber oder von diesen abhängig. Da nützt auch eine verursacherunabhängige Versicherung wenig, egal wie hoch der Betrag der Schadensübernahme auch ist. Man darf gespannt sein, was die Zukunft bringt, wenn die Tiefenwasserreservoirs erkaltet und die Betreiber von Dannen gezogen sind. „Denk ich an Staufen in der Nacht“ möchte man in Abwandlung eines Zitats von Heinrich Heine hier anmerken.

Wichtige Fragen zur Rentabilität und der Auslastung geothermischer Anlagen, versuchten die Befürworter elegant zu umschiffen. Die Tatsache einer notwendigen Redundanz und die Notwendigkeit einer Möglichkeit zur ganzjährigen Nutzung der ausgekoppelten Wärme, denn die bisher gepriesene Stromproduktion scheint inzwischen wegen ihrer lächerlich geringen Ausbeute auch bei den Betreibern und deren politischen Wasserträgern nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen, fanden keine Erwähnung. In Verkennung des Geschäftsmodells der Betreiber prognostizierte Hr. Untersteller einen Rückgang bei der Förderung mit öffentlichen Mitteln. Diese Aussage verkennt völlig die Tatsache, dass hohe Sicherheits-standards, wie diese von ihm als Argumente ins Feld geführt wurden, auch zwangsläufig höhere Kosten bei der Ausführung nach sich ziehen, die die Betreiber bestimmt nicht willens sind aus Eigenmitteln zu finanzieren, sind diese doch die Absicherung durch üppige Zuschüsse und großzügige Landesbürgschaften gewohnt.

Immerhin wurde dem sensiblen Thema Fracking ein gewisser Raum eingeräumt. Hr. Prof. Dr. Schilling erläuterte zwar anschaulich die von ihm in der Sprache der Geothermie-Lobby so bezeichnete Stimulation, um diese gleich wieder durch Relativierungen zu verharmlosen. Fakt ist, dass die Notwendigkeit des Frackings bei der Tiefen-Geothermie nicht mehr reflexartig von den Befürwortern in Abrede gestellt werden kann und das nicht nur beim hochproblematischen „Hot Dry Rock“-Verfahren.

Stichhaltige Aussagen zur Grundwasser- und Radonproblematik blieben sowohl der Politiker Untersteller, als auch der Geologe Schilling schuldig, wie auch Fragen, die sich mit dem Problem der genehmigungsrechtlichen Seite von diesen nur ausweichend beantwortet wurden.

Abschließend muss man feststellen, dass sich in der von den Befürwortern verfolgten Argumentationssträngen, eine gewisse Abnutzung zeigt und diese angesichts der aktuellen Ereignisse noch weniger zu überzeugen vermögen, wie das zuvor bereits der Fall war. Herrn Müller ist es bei der Diskussion, auch angesichts der Schwierigkeiten durch eine, die Vertreter der Geothermie-Befürworter bevorzugende Berichterstattung, gelungen, die vielschichtigen Probleme in sachlicher Art und Weise darzustellen und für die Hörer transparent zu machen.

Unbeantwortet blieb die Frage, wie es mit der Geothermie weitergehen solle. Minister Untersteller bekundete Wortstark diese Möglichkeit einer ökologischen Energiegewinnung „nicht in die Tonne treten zu wollen“. Ihm sei mit auf den Weg gegeben, nicht nur in die Tonne treten, sondern zusätzlich noch den Deckel drauf, nur so kann die Zukunft der Tiefen-Geothermie im Oberrheingraben aussehen.

Gez.

Thomas Hauptmann                                     2.Vorsitzender BI-Geothermie Landau/Südpfalz

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