Geothermie Landau

Dialogforum 26.10.22

Geothermie im Oberrheingraben

 

Bürgerinitiative Brühl-Ketsch e.V.

 

Absage an GeoHardt Dialogforum

 

 

Sehr geehrte Frau Dr. Grobe,

sehr geehrt Frau Köberle,

 

wie vorab am 21.10.2022 telefonisch mitgeteilt, wird die Bürgerinitiative Geothermie Brühl/Ketsch e.V. (kurz BI) an den weiteren Terminen des GeoHardt Dialogforums nicht mehr teilnehmen, da wir diese Form der Energie- und Rohstoffgewinnung in Nähe von Wohnbebauung aufgrund der bekannten Gefahren strikt ablehnen.

 

Wir hatten uns über die Gründe in einem gemeinsamen zweistündigen Meeting zwischen der GeoHardt und unserer BI am 22.10.2021, bei dem Sie ebenfalls anwesend waren, bereits ausführlich unterhalten und festgestellt, dass es überhaupt keine Kompromissmöglichkeiten gibt, über die wir verhandeln könnten, denn wir diskutieren nicht über wenige oder viele Beben und auch nicht über wenige oder viele Gefahren für unser Grundwasser und auch nicht über wenige oder viele Gefahren durch Radon, das besonders schnell seinen Weg in geschädigte Gebäude findet. Nachfolgend werden wir zum besseren Verständnis nur nochmals kurz auf einige wesentliche Punkte eingehen.

 

Unsere BI hat sich im Jahr 2010 zusammengefunden, als bekannt wurde, dass es sich bei dem Brühler TG-Projekt um die gleiche Technologie (hydrothermales Verfahren) handelt, die auch bei dem Landauer TG-Kraftwerk, angewandt wird, nachdem es dort in 2009 zu Schadensbeben gekommen ist.

 

Bei dem Landauer TG-Projekt ging man ursprünglich jedoch davon aus, dass dort – anders als bei den Basler Tiefengeothermiebohrungen – keine Schadensbeben zu erwarten seien, da es sich in Basel um eine völlig andere, nicht vergleichbare Technik (petrothermales Verfahren), handelt. Ebenso könne man Landau nicht mit Staufen vergleichen, da dort die oberflächennahe Geothermie geplant war, und bei den Bohrungen „einfach nur unsauber“ gearbeitet wurde. Zudem habe man in Staufen in eine Gipskeuperschicht gebohrt, die durch austretendes Tiefenwasser aufgequollen ist, was wiederum zu den Hebungen geführt habe. So etwas könne in Landau gar nicht passieren, denn dort seien ganz andere Untergrundverhältnisse.

 

Doch damit nicht genug. Nach den Landauer Erdbeben in 2009 wurden im Oktober 2013 bei Vermessungsarbeiten auf dem Gelände der Landesgartenschau in Landau, die für 2014 geplant war, Geländeveränderungen und Bodenhebungen festgestellt. Diese Hebungen verschlimmerten sich zunehmend und im März 2014 wurde bekannt, dass die Bodenverschiebungen in Zusammenhang mit dem dortigen Geothermiekraftwerk stehen könnten. Dieser Verdacht hat sich dann in kürzester Zeit bestätigt. Als Ursache wurden zwei Leckagen in der Verrohrung des Bohrlochs identifiziert, durch die mit Schadstoffen belastetes Tiefenwasser ausgetreten und in Grundwasserschichten gelangt ist. Anders als in Staufen war hier also nicht eine Anhydritschicht für die Bodenhebungen verantwortlich, sondern stattdessen eine tonartige Bodenschicht, die durch die ausgetretenen Wassermassen nach oben gedrückt wurde. Es wurden später auch erhöhte Konzentrationen von Schwermetallen und Salzen im Grundwasser festgestellt. Durch diese Bodenhebungen kam es u.a. auch zu Deformierung der dortigen Bahnschienen. Nach Presseberichten hat die Deutsche Bahn auf Schadensersatz geklagt.

Wie wir auf einer öffentlichen Stadtratsitzung in Landau von einem Mitarbeiter des verantwortlichen Bergamts erfahren haben, hätte der Betreiber den Wasseraustritt aufgrund von Druckabfall längst selbst feststellen und melden müssen. Er war sich aber keiner Schuld bewusst!! Das Kraftwerk wurde dann im Jahr 2017 wieder in Testbetrieb genommen und wird seither nur mit reduzierter Leistung  gefahren, um Seismizität zu vermeiden (Fließrate angeblich 50 Ltr./sek.).

 

Wir haben in unserem Gespräch auch über das TG-Kraftwerk in Insheim  gesprochen, das ebenfalls zu seismischen Ereignissen geführt hat und daher auch nur mit reduzierter Leistung (Fließrate angeblich 65 Ltr./sek.) betrieben wird, um Schadensbeben zu vermeiden. Das ist umso mehr verwunderlich, da bei dem Insheimer TG-Kraftwerk schon seit Jahren ein weiterer Seitenarm zur Re-Injektionsbohrung gebohrt wurde, um den dabei auftretenden Druck auf das Gestein besser und großräumiger zu verteilen. Die Rückführung des Wassers erfolgt damit über zwei gegabelte Fließwege. Damit sollte verhindert werden, dass beim Verpressen des Wassers Erschütterungen an der Erdoberfläche ausgelöst werden.

 

Die Liste der Pannen ließe sich noch weiterführen. Wir verzichten an dieser Stelle darauf und möchten nochmals betonen, dass bei allen bisher aufgetretenen Schäden und Gefahren stets von den Verantwortlichen beteuert wurde:

  • mit so etwas habe man nicht gerechnet
  • man habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt
  • so etwas könne hier nicht passieren, da hier angeblich ganz andere Verhältnisse seien.

 

Das zieht sich mittlerweile durch, wie ein roter Faden!

 

Wir haben uns in dem Meeting am 22.10.2021 ganz offen ausgetauscht und über einige Punkte gesprochen, die leider nie an die Öffentlichkeit dringen. Wir haben auch mehrfach betont, dass wir in den vergangenen 10 Jahren Erfahrungen sammeln konnten und auch Dinge erlebt haben, die wir bis dahin nur aus schlechten TV-Filmen kannten und in einem zivilisierten Land wie Deutschland nie für möglich gehalten hätten.

 

Wir hatten über das skandalöse Verhalten und die unglaublichen Aussagen einiger TG-Betreiber gesprochen. Beispielhaft verweisen wir hier – ohne Namensnennung –

auf die Aussage des einen Betreibers, wonach die Schäden in Staufen auf Baumängel zurückzuführen seien. Unglaublich.

 

Wir haben darüber gesprochen, wie die Geschädigten auch noch verhöhnt werden, dass ihnen immer wieder Baupfusch unterstellt wird und dass häufig entweder keine Entschädigung erfolgt oder nur lächerliche 10% des gutachterlich festgestellten Schadens nach der Zeitwertvergütung angeboten werden. Wir hatten darüber gesprochen, dass Geschädigte dabei zum Teil auch noch genötigt werden, Stillschweige- und Verzichtserklärungen bei künftigen Schäden zu unterschreiben.

Wir hatten Ihnen mitgeteilt, dass wir zu allen unseren Aussagen die entsprechenden Quellen nennen können und trotzdem von den TG-Betreibern als Panikmacher und Lügner hingestellt werden.

 

Wir hatten Ihnen berichtet, dass wir in engem Austausch zu den anderen Bürgerinitiativen und Geschädigten stehen und dabei Dinge erfahren, über die die Medien leider nicht berichten. Wir haben reklamiert, dass es trotz der Risiken und Gefahren an der erforderlichen Transparenz fehlt, dass es keine übergeordnete Stelle gibt, die die Gesamtverantwortung hat und dass sich niemand um die Behebung aller bekannter Missstände kümmert.

 

Wir hatten auch über das enttäuschende Verhalten von einigen verantwortlichen Landespolitikern gesprochen, die sich mit der Materie zwar kaum auskennen aber dennoch diese Form der Energiegewinnung vorantreiben und eher den Kontakt zu den Kraftwerkbetreibern, anstatt zu den betroffenen Bürgern suchen. Wir hatten dabei auch das Beispiel des früheren Umweltaktivisten genannt, der sich bei seinem Kampf gegen die Kernkraft öffentlich angeschnallt hat und heute, wo er in unserer  Landesregierung sitzt, öffentlich über Bürgerinitiativen ablästert, die nicht seiner persönlichen Ideologie folgen. Wir hatten Sie informiert, dass dieser Landespolitiker, ebenso wie die Verantwortlichen aus dem Umweltministerium, nach wie vor auch noch jegliche Landesbürgschaft für Schäden ablehnt, obwohl sie doch alle behaupten, es könne nichts passieren und wenn doch, dann gäbe es ja immer noch die Beweislastumkehr.

 

Wir hatten über die Sinnlosigkeit dieser Beweislastumkehr und dem jahrelangen Kampf gesprochen, den die Geschädigten selbst mit den Versicherern führen müssen, ein aussichtsloser Kampf David gegen Goliath. Und die Geschädigten erhalten dafür weder Unterstützung von den Verursachern (Kraftwerkbetreiber, Bohrfirmen), noch von den blauäugigen Politikern. 

 

Wir hatten darüber gesprochen, dass es durch den aktuellen Lithium-Hype, basierend auf völlig übertriebenen Annahmen und ohne jegliche praktische Erfahrungen, längst nicht mehr nur um Wärmeauskopplung geht, sondern um möglichst hohe Renditen, die zur Erreichung der überproportionalen Ziele überdimensional hohe Kraftwerksleistungen mit entsprechendem Druck auf den Untergrund erfordern!

 

Herr Dr. Kölbel hatte wiederholt betont, er könne uns verstehen, aber wir sollten doch Vertrauen haben. Er wolle doch lediglich Kraftwerke, vergleichbar mit dem TG-Kraftwerk Bruchsal, einsetzen. Herr Dr. Kölbel hatte uns u.a. auch versichert, dass Lithium hier kein Thema sei und dass GeoHardt aus den bekannten Gründen keine Kooperation mit Vulcan Energy eingehen werde!

 

Wir hatten damals schon Herrn Dr. Kölbel darauf hingewiesen, dass er keinerlei Garantie darauf abgeben kann, da die Betreiber und Investoren regelmäßig wechseln (neue Firma – neues Spiel) und spätestens im Fall der Insolvenz der Insolvenzverwalter die Entscheidungen trifft und alles tun wird, um Profit aus der Anlage zu ziehen.

 

Wir hatten insbesondere daraufhin gewiesen, dass ein Kraftwerk, das einmal errichtet wurde, auch bei Problemen nicht mehr stillgelegt wird (siehe Landau und Insheim!), sondern im Gegenteil ein gefundenes Fressen für alle Neuerungen und weiteren Experimente darstellt (siehe Landau und Insheim!).

 

Nun mussten wir im April aus der Presse erfahren, dass MVV sehr wohl eine Kooperation mit Vulcan Energy eingegangen ist und hier vor Ort Lithium fördern möchte. Des Weiteren ist Herr Dr. Kölbel immer wieder in TV-Interviews zu sehen, wo er stolz über die bisherigen Lithium-Tests berichtet.     

 

Soviel zu Vertrauen und Seriosität. Wir hatten daraufhin entschieden, uns an keinen weiteren Treffen zu beteiligen, da Aussagen von heute ab morgen nur noch Schall und Rauch sind.

Dennoch haben wir uns nochmals dazu breitschlagen lassen, an dem Experten-Hearing teilzunehmen, jedoch unter völlig anderen Voraussetzungen:

 

Die Einladung lautete, es sei der Wunsch der „Zufalls-Bürger“, auch noch die BI zu hören und es sollte angeblich ein Treffen zwischen den Bürgern und uns stattfinden, bei dem sonst niemand anwesend wäre.

Stattdessen fanden 6 Präsentationen a 10 Minuten pro Geothermie und eine einzige kritische Präsentation gegen Geothermie statt.

 

Aus all den vorgenannten Gründen lehnen wir nach wie vor solche Energieexperimente im seismisch aktiven Oberrheingraben ab und zwar nicht nur vor unserer Haustür, sondern vor jedermanns Haustür!  Das mag vielleicht in Island funktionieren, wo kochendes Wasser von alleine hochschießt und wo es die guten Temperaturverhältnisse zulassen, dass genügend Sicherheitsabstand zwischen Kraftwerk und Wohngebieten möglich ist, und die Anlagen trotzdem wirtschaftlich laufen können. Hier bei uns scheitert es ja angeblich schon an der Entfernung zwischen Sandhausen und dem Fernwärmenetz! 

 

Im Übrigen wurde unseres Wissens von GeoHardt noch nicht bekanntgegeben, welche Gefahren bei Bohrungen in Buntsandstein tatsächlich drohen! Nach Aussage eines Experten des KIT ist demnach Fracking im Grundgebirge in der Mitte des Rheingrabens hinsichtlich der Erdbebengefahr weniger problematisch,  als die Stimulation bei der hydrothermalen Geothermie in den Störungszonen am Rand des ORG.

Dort können nämlich die gegeneinander verschobenen Gesteinsschichten, verursacht durch Stimulation, weiter abrutschen: Erdbeben!!!

Wir sind natürlich nach wie vor gerne bereit, den interessierten Bürgern Rede und Antwort zu stehen und freuen uns über jede Kontaktaufnahme über unsere Homepage. 

 

Sehr geehrte Frau Dr. Grobe, wir bitten Sie, unsere Stellungnahme ungekürzt den Bürgern des Dialogforums vorzulesen. Die Zeit dafür nehmen Sie bitte aus den eingesparten 10 Minuten.

Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen

Bürgerinitiative Brühl-Ketsch e.V. 

Der Vorstand

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