Die geothermische Nutzung der aktuell stillgelegten Bohrung (Bildmitte) im Süden hängt laut Bürgerinitiative noch wie ein Damoklesschwert über der Hufeisengemeinde. Die Gruppe läuft seit Jahren dagegen Sturm und wird nicht müde, auf die, wie sie sagen, „vielen Gefahren dieser Energieform“ hinzuweisen. © strauch
Brühl. „Die Bürger der Gemeinde Brühl und Ketsch wissen nach über zwölf Jahren Geothermie-Projekt nur zu gut, was man von der Tiefengeothermie erwarten kann“, hat die Bürgerinitiative (BI) in einem offenen Brief an Bürgermeister formuliert, in deren Kommunen ähnliche Projekte geplant sind, „wir haben sehr viele Erfahrungen sammeln können“.
Wie ähnlich diese Erfahrungen aus ihrer Sicht an den einzelnen Standorten seien, belegen sie in einer Pressemitteilung zunächst mit Verweis auf die derzeitige Situation bei der Landauer Anlage. Dort sei vor einiger Zeit öffentlich bekanntgeworden, dass der neue Investor des Geothermiekraftwerks plane, zusätzlich eine dritte Bohrung niederzubringen. Für dieses weitere Loch würden auch zusätzliche Grundstücksflächen benötigt, so heißt es.
Und nun habe der neue Kraftwerkseigentümer in einem Brief nochmals auf das zusätzliche Areal gedrängt und darauf hingewiesen, dass es „andernfalls möglicherweise ein Sicherheitsrisiko gebe und dass das Reservoir geschädigt oder zumindest verschmutzt werden könnte“, zitieren die BI-Sprecher Thomas Gaisbauer, Rainer Hüngerle und Uwe Rötgens aus einem Schreiben. Sowohl die dortige Stadtverwaltung als auch die Bürgerinitiativen stünden dieser Forderung „erwartungsgemäß sehr kritisch gegenüber, zumal das Landauer Kraftwerk bisher durch Erdbeben und Leckagen negativ aufgefallen ist“.
So weisen sie auf Meldungen hin, dass Tiefenwasser in die Grundwasserleiter gedrungen sei, worauf der Kraftwerksbetrieb lange Zeit eingestellt worden war. Zwischenzeitlich laufe die Anlage wieder, allerdings mit stark reduzierter Leistung.
Die neuerlichen Forderungen des Betreibers in der Pfalz erinnern die Sprecher der Bürgerinitiative an die Vorgänge in Brühl, als es um die Zusatzfläche für die Bohrphase beim Landgericht Mannheim ging. Damals sei ebenfalls mit möglichen Gefahren Druck auf die Entscheidungsträger ausgeübt worden, heißt es in der Pressemitteilung.
Im benachbarten Insheim wurde bereits eine dritte Bohrung für das dortige Geothermiekraftwerk niedergebracht, um den auftretenden Druck auf das Gestein besser und großräumiger zu verteilen. „Dennoch kommt es auch dort immer wieder zu induzierten, also menschengemachten Beben“, stellen die Brühler Aktivisten beim Blick über den Rhein fest.
„Ob der neue Eigentümer weitere Grundstücksflächen fordert, um die Sicherheit oder doch eher um die Wirtschaftlichkeit des Kraftwerks zu erhöhen, bleibt ungeklärt. Schließlich wird das Kraftwerk mit gerade einmal zwei Megawatt betrieben, um größere Seismizität zu vermeiden. Ob vielleicht auch der aktuelle Lithium-Hype dabei eine Rolle spielt und das zusätzliche Grundstück zur Erweiterung um eine Lithiumgewinnungsanlage benötigt wird, können wir nur spekulieren“, meint das Sprechertrio der Brühl-Ketscher Bürgerinitiative weiter.
Dass der Eigentümer eine Entscheidung Ende Juni von der Pfälzer Stadtverwaltung gefordert habe, stufen die Sprecher der Gruppe in ihrer Erklärung „als absolut unseriös ein, denn welche Konsequenzen voreilige und ungeprüfte Entscheidungen mit sich bringen, hat sich in der Vergangenheit zur Genüge gezeigt“. Immerhin sei es dort die vergangenen zehn Jahre auch ohne eine dritte Bohrung gegangen, resümiert Gaisbauer. „Wir hoffen, dass sich die Stadtverwaltung nach all den negativen Erfahrungen nicht überrumpeln lässt, denn dafür gibt es überhaupt keinen Grund“, lautet der Appell über den Rhein.
„Das alles erinnert stark an die damalige Situation in Brühl mit der Firma Geoenergy, die üble Horrorszenarien aufgezeigt hat, sollte sie die zusätzlich benötigten Grundstücksflächen von der Gemeinde nicht bekommen – scheinbar gehört das zu der Taktik dieser Branche“, heißt es in der Pressemitteilung der BI weiter.
Zugleich weist die Gruppe darauf hin, dass es vor eineinhalb Wochen erneut zu einem schweren Beben der Stärke 4,0 bei Kehl beziehungsweise Straßburg gekommen ist. Die Beben wurden nach Angaben des nationalen seismischen Überwachungsnetzes als durch menschliche Aktivitäten verursacht eingestuft, zitieren sie aus Prüfberichten der zuständigen Stellen.
Und dies sei geschehen, obwohl die Erdbohrungen dort bereits vor einem halben Jahr eingestellt wurden, zeigen sich die drei entsetzt. Ein Seismologe in Straßburg teilte der Nachrichtenagentur AFP mit, dass der Untergrund einige Zeit brauche, um auf den Stopp des Projekts zu reagieren und in einen natürlichen Spannungszustand zurückzukehren. „Da helfen weder Ampelregelungen noch 3D-Monitoring. Solche massiven Eingriffe in das Erdinnere bleiben nicht ungesühnt“, lautet das Fazit der BI-Sprecher in ihrer Pressemitteilung.
© 2024 Geothermie - Landau i.d. Pfalz