Geothermie Landau

Information oder Propaganda 11.05.21

Tiefengeothermie-Information oder Propaganda?

Den folgenden Leserbrief zum Thema Geothermie im Oberrheingraben, der zwischenzeitlich bereits von der Presse gekürzt veröffentlicht wurde, schrieb

Herr Prof. Dr. Sommer aus Brühl.

Der Inhalt trifft vollumfänglich auch für die Situation in Landau zu.

 

Wir veröffentlichen ungekürzt:

 

Tiefengeothermie – Information oder Propaganda?

Im Oberrheingraben scheint ein Fieber zu grassieren, das an einstmalige Goldgräberei erinnert, die Gier scheint grenzenlos und blind und taub zu machen für die Realität, die ganz anders aussieht. Das zeigen zahlreiche gescheiterte Projekte wie das zuletzt in Straßburg. Die zuständigen Regierungen sind daran nicht ganz unschuldig, denn sie lassen munter die ‚Schürfrechte‘ (pardon: Bohrrechte) dazu verkaufen – buchstäblich unter unseren Häusern (bzw. Hintern) – in dicht besiedeltem und seismisch ohnehin äußerst störanfälligem Gebiet, mit einer völlig unausgereiften Technologie, und mit aberwitzigen Versprechungen der häufig völlig unerfahrenen Betreiber, was die Sicherheit und die angeblichen Sicherungsmaßnahmen (‚Monitoring‘) anbelangt. Die Gesellschaften und Firmen, die sich um die Rechte reißen, schießen wie Pilze aus dem Boden. Man staunt, wer da auf einmal als „Experte“ mit angeblicher Erfahrung auftritt.

Da gibt es viel heiße Luft und Propaganda, wo „Information“ versprochen wird; die Namen, die Bezeichnungen ändern sich je nach Region, aber überall geht es nach dem gleichen Muster: eher Irreführung statt Information, Wunschträume statt Tatsachen. Schon die Presseankündigungen strotzen von irreführenden Behauptungen, durch fragwürdige Fakten belegt: u.a. die Firmen „verfügten über eine breite Erfahrung mit Erdwärmeprojekten…“ – wo denn? Die Deutsche Erdwärme z.B. hat bisher kein einziges Tiefengeothermieprojekt verwirklicht; letztendlich ist sie in Lustadt/Westheim in 2017 davongejagt worden mit einem Bürgerentscheid zum Thema Tiefengeothermie.

Abgesehen davon, dass zur Beschönigung und Verschleierung auf einmal von „Erdwärme“ statt von Tiefengeothermie die Rede ist (das klingt doch viel harmloser!), werden wieder die alten Märchen aufgewärmt – zum x-ten Mal: die Tiefengeothermie ist, wie fast alle bisherigen Projekte im Oberrheingraben zeigen, weder „klimafreundlich“ noch „nachhaltig“, noch „störungsfrei“ oder „erneuerbar“, auch nicht „grundlastfähig“ und schon gar nicht ungefährlich. Wer anderes behauptet, der kennt entweder die Fakten und bisherigen Erfahrungen nicht oder er verschweigt absichtlich wesentliche Gesichtspunkte und sagt bewusst die Unwahrheit – offensichtlich blind und taub angesichts der vielfältigen Ereignisse negativer Art im Oberrheingraben in den letzten Jahren (zuletzt Straßburg)!

Wenn man den im Endeffekt äußerst bescheidenen Ertrag dem insgesamt enormen Aufwand und dem Gefahrenpotenzial in der dichtbesiedelten Region gegenüberstellt (ganz gleich, um welche Region es sich handelt – das ist in Graben-Neudorf und Waghäusel nicht anders als in Brühl oder Schwetzingen, Hockenheim und auch in Landau und Insheim), ist überhaupt nicht zu sehen, was daran wirtschaftlich reizvoll sein soll? Erst recht, wenn davon geträumt wird, neben Wärme eventuell noch Strom und Lithium in unwahrscheinlichen Mengen zu fördern; dann wird von den erforderlichen Anlagen im Endeffekt sogar mehr Energie verbraucht als gewonnen, von der Co2-Bilanz ganz zu schweigen! Man möchte die Befürworter fragen: Seid Ihr alle wahnsinnig geworden – was muss denn noch alles passieren, damit dieser Spuk ein Ende findet?

„Informationsveranstaltungen“ werden angekündigt, aber ausschließlich mit „Experten“ aus dem eigenen Lager, also Befürwortern und Profiteuren der Projekte – davon kann man dann wenig Gutes erwarten, zumindest keine offene und ehrliche Information im Sinne der betroffenen Bevölkerung. Aber für wen sonst soll die „Information“ sein? Seriöse, umfassende Information erhält man am ehesten bei den verschiedenen Bürgerinitiativen gegen Geothermie, die sich im Rheingraben gebildet haben!

Hier kommt den Medien ebenso wie den örtlichen und regionalen Entscheidern eine große Verantwortung zu. Sie sollten nicht zu einer Art ‚Hofberichterstattung‘ bzw. -vollstrecker verkommen, sondern müssen tatsächlich unabhängig, eigenständig und kritisch entscheiden bzw. berichten und aufklären im besten Sinne!

Prof. Dr. Antonius Sommer, Brühl, Mai 2021

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